Mittwoch, August 01, 2007

Werder und der Digital Divide

Glaubt man der Ankündigung des SVW aus dem Newsletter vom 1. August 2007, dann wird der Ticketkauf in Zukunft deutlich leichter als vor zwei Wochen, als die Heimspielkarten für Bayern und Frankfurt an die Fans verkauft wurden.

Das wichtigste in Kürze: Es bleiben die vier kommenden Heimspiele im Verkauf, maximal können fünf Karten pro Haushalt ergattert werden. Das Verfahren jedoch verändert sich:

In der ersten Woche können die Karten nur über das Internet vorbestellt werden. Alle Bestellungen aus den ersten drei Tagen gelten als gleichberechtigt. Sollten nach drei Tagen bereits mehr Kartenwünsche als Plätze vorliegen, werden die Karten im Losverfahren verkauft. Alles was ab dem vierten Tag eingeht, wird der Reihenfolge nach bearbeitet. Erst wenn nach der ersten Woche noch Karten übrig sein sollten, ist es möglich, Tickets über Telefon und Ticketcenter zu bestellen.

Die Vorteile laut Werder sind, dass man drei Tage Zeit hat, die Bestellung abzugeben und nicht mehr stundenlang Schlange stehen muss. Das sehe ich auch als Vorteil an, aber: Irgendwie kann ich mir vorstellen, dass sich das Publikum dadurch ein wenig verschieben kann. Sollten bereits in den ersten drei Tagen - wie beim Verkauf der Bayern-Karten - Tausende Kartenwünsche vorliegen, spielt Kollege Zufall eine große Rolle. Ich kann mir nicht helfen, aber ich mag die Leute lieber im Stadion sehen, die sich auch mal gerne stundenlang aus Passion vor den Verkaufsstellen ausharren.

Weiter lobt der SVW den Vorteil, dass nun jeder die gleichen Chancen hat, Tickets zu bekommen, egal wo er wohnt. In Deutschland sind 40 (ARD-ZDF Onlinestudie 2007) von 88 Millionen Menschen online - gerade in der "ländlichen" Umgebung Bremens sind aber - das weiß ich aus eigener Erfahrung - viele grün-weiß brennende Anhänger noch nicht online, und werden es aus verschiedenen soziostrukturellen Gründen auch nicht in Zukunft nicht sein.

Die Tickets werden bei diesem Verkaufssystem vollständig personalisiert, damit soll der Schwarzmarkt leichter zu bekämpfen sein. Big Brother...

Das neue Verfahren startet am 6.8.07, wenn die Bundesliga-Heimspiele drei und vier gegen den VfB Stuttgart und gegen Arminia Bielefeld in den Verkauf gehen.

Alles in allem macht die Umstellung bestimmt Sinn - die totale Einschränkung auf das Internet in der ersten Woche finde ich jedoch aus oben genannten Gründen etwas irrwitzig.

6 Kommentare:

jensen hat gesagt…

Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht so richtig, was ich von der neuen Vergabepraxis halten soll. Einerseits bin ich sehr froh, nicht mehr morgens von 6 bis 11 Uhr am Stadion stehen zu müssen, andererseits hast du mit einer Sache bestimmt nicht ganz Unrecht: Es wird wesentlich bequemer, sich einen Platz im Stadion zu sichern, da muss man lange nicht mehr so viel Begeisterung und Leidenschaft aufbringen. Das könnte zu einer weiteren Verschlimmerung des Fußballtouristen-Phänomens führen, befürchte ich.

Außerdem nervt es mich jetzt schon ein bisschen, es nicht mehr selbst in der Hand zu haben, ob ich Tickets bekommen oder nicht. Da entscheidet ab sofort die Lostrommel und dann sitzt man da und hat im schlechten Fall Pech und keine Karten. Nun ja, wir sollten auf jeden Fall versuchen, das Glück durch Doppelbestellungen so gut es geht zu erzwingen.

jensen hat gesagt…

Ach, noch was vergessen: Leute ohne Internet sind ja in der Tat angesch***en. Dumme Sache, kenn das von meinen Eltern, wenn man keinen Internetzugang hat oder der nur funzt, wenn die Leitung grad gute Laune hat. Aber das ist wohl der Preis, den einige für die Modernisierung und ein faires Verfahren (für die meisten zumindest) zahlen müssen.

Man könnte ja eine Ausnahmeregelung für Menschen mit Kein-Internet-Attest schaffen. Denke aber nicht, dass Werder auf diese (zugegeben eh etwas bekloppte ) Idee kommen wird...

jensen hat gesagt…

Und nochmal ich. Beim Besuch des Werder-Forums ist mir erst klar geworden, dass die neue Regelung noch ein weiteres erhebliches Problem mit sich bringen könnte. Von nun an haben nämlich Gästefans die gleichen Möglichkeiten, Karten zu bestellen, wie Werderaner. Das könnte bedeuten, dass z.B. gegen Hamburg, Dortmund und Bayern plötzlich das halbe Weserstadion von Gästen besetzt ist. Schöne Aussichten. Hoffentlich kommt es dazu nicht...

Marco hat gesagt…

Das mit den Gäste-Fans ist schon ein wenig schiete, daran hatte ich auch nicht gedacht. gerade von einigen kaputten hamburgern weiß ich genau, dass die sich gerne in den werderberich stellen würden. stellt euch vor, man verliert ein derby, und nach dem spiel steht ein grinsender hsv-prolet neben einem und (wenn er mutig ist) freut sich einen ast. no good!

Schleufi hat gesagt…

Und um das Ganze nochmal weiterzustricken: Die Leute, die Randale machen wollen und bisher immer schön in ihrem Auswärtskäfig eingepfercht waren, können sich nun auch mal schön anonym unters friedliche Werdervolk mischen...
Bin mal gespannt, wie die Werder-Führung das handhaben wird, wenn wir Mannschaften aus Rotterdam, Eindhoven usw. mit deren bekanntermaßen nicht so friedlichen Anhängern zu Gast haben...

jensen hat gesagt…

Ich gehe davon aus, dass die beschriebene Regelung erstmal nur für BuLi-Spiele gilt. Für CL- und UEFA-Cup-Spiele werden sie sich bestimmt was anderes einfallen lassen oder es einfach weiter so machen wie bisher, also nur an Mitglieder verkaufen.